Für heute wurden bundesweite Generalstreiks angekündigt. Unter dem Deckmantel der Bauernproteste mobilisieren unter anderem auch die AfD, Reichsbürger*innen und Personen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum zum sogenannten Generalstreik. Zumal Dass es sich hier bei weitem nicht nur um legitimen Protest geht, wird auch durch die versuchte Stürmung der Fähre, auf welcher der Wirtschaftsminister Robert Habeck, sich privat aufhielt, deutlich. In den letzten Tagen gab es vermehrt Berichterstattungen über die Bauernproteste und die aktuelle Kaperung aus dem extrem Rechten Milieu. Bauernverbände distanzierten sich von rechten Akteur*innen, die mutmaßlich die Bauernproteste unterwandern. Doch bei einer intensiven Beschäftigung mit den Bauernprotesten und den bisherigen Ereignissen bei den Bauernprotesten, wirken die Distanzierungen und Erzählungen von einer ungewollten Übernahme von extrem Rechten schief. Sicherlich teilen nicht alle Landwirte die Positionen von extrem Rechten und einige mögen diese Personen nicht in ihren Reihen dulden wollen.
In der Vergangenheit zeigten sich eindeutige Verknüpfungen:
Am 20.12.2023 blockierten Traktoren im niedrigen dreistelligen Bereich teilweise den gesamten Innenstadtverkehr in Oldenburg. Die VWG musste in Oldenburg für mehrere Stunden den gesamt Busverkehr einstellen. Bereits in der Nacht vom 19.12.2023 auf den 20.12.2023 blockierten Traktoren teilweise die Autobahn und durften nach Rücksprache mit der örtlichen Polizei ihren Protest als Kolonne fortsetzen. Offiziell sollte der Protest in Oldenburg ab 11 Uhr starten, jedoch kam es schon ab 10 Uhr zu einzelnen Blockaden. Ab 11 Uhr versammelten sich Bauern mir ihren Traktoren unter anderem vor der Landwirtschaftskammer und im gesamten Innenstadtbereich. So wurde unter anderem die große Kreuzung blockiert und zeitweise gab es auch keine Rettungsgasse. Die Traktoren hatten sich aus mehreren Himmelrichtung in die Innenstadt aufgemacht, fuhren immer wieder mit lautem Getöse durch die Innenstadt und blieben auch immer wieder stehen. Während der Blockaden liefen die Traktoren weiter, einige Personen ließen ihre Traktoren auch laufen, während sie am Rand standen oder sich in Grüppchen unterhielten. Ähnliche Szenen spielten sich auch vor dem Weihnachtsmarkt auf dem Schlossplatz gegen Mittag ab. Eine Kolonne fuhr zum Weihnachtsmarkt und blockierte einen Teil der Plätze vor dem Weihnachtsmarkt, manche Landwirt*innen ließen ihre Motoren weiterlaufen und gingen währenddessen einfach auf den Weihnachtsmarkt. So blieben Traktoren mit laufenden Motoren einfach unbeaufsichtigt. Doch nicht nur mit diesem rücksichtlosen und unverantwortlichen Verhalten vielen nicht wenige Teilnehmer auf.
So waren immer wieder an Traktoren das Symbol der Landvolkbewegung sichtbar. Im Gegensatz zu allen Behauptungen handelt es sich um kein Symbol des Widerstandes, sondern ist mit der NS-Ideologie in Verbindung zu bringen. Die Flagge der Landvolkbewegung steht für die Blut- und Boden Ideologie: Das rote Schwert steht für das Blut der Bauern und ihre Verbundenheit mit dem Boden. Diese Symbolik steht für die Verbundenheit des Volkes mit seinem Siedlungsgebiet und ist eines der Kernelemente der NS-Ideologie. (vgl Thomas Herterich). Historisch ist die Landvolkbewegung auch mit nationalistischen Organisationen und der NSDAP, insbesondere der Flügel um Otto Strasser, in Verbindung zu bringen. In der damaligen Zeit war der Antiparlamentarismus, Antisemitismus, ständische Ordnungsvorstellungen, der Kulturpessimismus und Nationalismus in der Bewegung weit verbreitet. (vgl. Poppinga, Onna, 1975).
Neben der Fahne und dem Symbol der Landvolkbewegung wurde bei den Protesten in Oldenburg auch ein Symbol mit einer umgedrehten Deutschlandfahne und auf dem kopfstehenden Gummistiefel gesichtet. Dies erinnert sehr stark an ein deutlich bekannteres Symbol aus der Reichsbürgerszene: der umgedrehten Deutschlandfahne. Dieses Symbol steht für die Erzählung der Bananenrepublik (vgl.). Diese umgedrehte Deutschlandfahne unter anderem mit der Banane wäre auch bei den verschwörungsideologischen Protesten gegen die Corona-Maßnahmen des Bundes und der Länder zusehen. Und nicht nur dort konnte, zumindest bei einigen Protesten, eine Verbindung zu den sogenannten „Corona-Protesten“ hergestellt werden. Dies wurde auch bei dem Bauernprotest in Oldenburg am 20.12.2023 deutlich. Einige der Traktoren wurden bereits bei den Protesten von „Gemeinsam solidarisch“ gesichtet, die unter anderem mit der Fitnessstudiokette Clever fit, Kingdom of sports und dem Backbone MC gegen die Corona-Maßnahmen 2021 protestiert haben. Hier war unter anderem die Landwirtin Marina H. sehr aktiv, die auch bei dem aktuellen Protest am 20.12.2023 gesichtet wurde. Zudem riefen unter anderem auch der Backbone MC sowie bekannte Personen aus dem verschwörungsideologischen Spektrum, wie Jockel, auf. Die OZ hatte ausführlich über seine Aktivitäten und Gewaltaufrufe, unter anderem bei der TG-Gruppe „Deutschland deine Farben“, berichtet (vgl. Braun, 2022). Auch bei den Bauernprotesten 2021 in Berlin waren einige der Traktoren zugegen (vgl. Antifa Infoblatt, 2021).
Die Verbindung zu der verschwörungsideologischen Szene und den Corona-Protesten wird auch bei dem heutigen Gernalstreik deutlich. Zwei der Veranstalter*innen sind der verschwörungsideologischen Szene eindeutig zuzuordnen und fallen durch ihre antidemokratischen Tendezenden auf. Laut der Veranstalter*innen sollten neun Redner*innen heute im Stadtgarten Emden einen Redebeitreag halten. Als bekannt wurde, das unter anderem der MdB der AfD, Martin Sichert, sowie die Europwahlkandiatin der AfD Anja Anrdt auch als Redener*innen auftreten sollten, kündigte Bauern an, nicht an den Protesten teilzunehmen. Daraufhin wurden die Redner*innen der AfD ausgeladen. (vgl. OZ (2024) Daraufhin distanzierte sich die AfD Ostfriesland von der Demo. Zudem war geplant, dass zwei Hauptakteure von Leer Lergendär als Redner auftreten. Über die Verbindung zum Reichsbürger Milieu hatte unter anderem die OZ berichtet. Die Coronaprotste in Emden haben deutlich gezeigt, dass diese Distanzierungen allerdings mit Vorsicht zu genießen sind: Statt sich mit der Kritik auseinander zu setzen und sich von der AfD und anderen rechten Akteur*innen zu distanzieren, wurde der Protest einfach in Eltern gegen Rechts unbenannt und darum gebeten, bestimmte Schilder Zuhause zulassen. Darüber hatte unter anderem der Journalist Claus Hock von der OZ berichtet. Weiterhin liefen aber Rechte und der bekannter AfD Professor mit. in weiterer Indiz dafür, dass diese Distanzierungen nur ein weiterer Täuschungsversuch ist, zeigt das auch der Gremium MC zu den Protesten nach Emden mobilisiert (Elligner, 2024).
Eine ausführliche Analyse und Berichterstattung wird folgen. Daher ziehe vorerst ein Zwischenfazit:
Sicherlich lässt sich festhalten, dass nicht alle Bauern dem rechten oder verschwörungsideologischen Spektrum zu zuordnen sind. Trotz der aktuellen Distanzierungsversuche einiger Bauernverbände bleibt ein gewisser Beigeschmack. Da erst nach der kritischen Berichterstattung eine so deutliche Distanzierung erfolgt ist, bleiben einfach viele Fragen offen. Auch wenn Verbände jetzt nach Bremen mobilisieren, werden wir in Bremen die Fahne mit dem Symbol des Landvolks sehen und auch die Bauern aus den Niederlanden und Frankreich werden sicherlich nicht an ihrer Teilnahme an den bundesweiten Streiks gehindert.
Quelle: Poppinga, Onna. Bauern und Politik. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main/Köln 1975, S. 166.
Braun, J.(2022,13. Januar) Was Sie heute wissen müssen: Querdenker ohne Skrupel unter: https://www.oz-online.de/artikel/1174360/Querdenker-ohne-Skrupel-Zahnaerztin-ohne-Maske-Buerger-ohne-Strom)
Antifa Infoblatt (2021, 27. Juli), https://antifainfoblatt.de/aib130/voelkische-symbole-und-rechte-buendnisse-auf-bauernprotesten
Noglik, D (2024, 6. Januar), unter:https://www.oz-online.de/artikel/1432649/Wer-steckt-hinter-der-Emder-Demo?utm_source=MZT&utm_content=1432916
Ellinger,A (2024, 07. Januar, unter: https://www.oz-online.de/artikel/1433324/Rocker-des-Gremium-MC-mobilisieren-zu-Bauern-Demo-in-Emden